Ein Wurm, Bakterien und englisches Falschgeld

Der Toplitzsee im Salzkammergut in Österreich hat es in sich: ab 15 m Tiefe ohne Sauer-stoff und unten 103 m tief mit giftigem Schwefelwasserstoff angereichert. In dieser le-bensfeindlichen Zone suchte ich nach tierischem Leben, ein damals heiß umworbenes Forschungsgebiet. Gerade waren in der Tiefsee an heißen Quellen unbekannte Lebens-formen entdeckt worden. Warum nicht auch im Toplitzsee mit seiner besonderen Wasser-chemie? Mit uns war Prof. Karl Stetter, international anerkannter Mikrobiologe, der sich mit den Urformen organischen Lebens beschäftigte – den Archaebakterien heißer Quellen. Extremophile nannte er sie. Jetzt war er auf der Suche nach den kalten Gegenstücken. Er fand sie ausgerechnet an den langsam verrottenden englischen Pfundnoten, die den Top-litzsee weltberühmt gemacht hatten. Sie waren hergestellt im KZ Sachsenhausen mit dem Ziel, die englische Währung zu inflationieren. Karl nannte sie Methanobakterium pecunivo-rans, den Geldfresser. Ich fügte hinzu, die beste Form deutscher Vergangenheitsbewälti-gung. Wir fanden aber auch ein weiteres „lebendes“ Fossil: Chloroflexus, ein Bakterium, das erst 1985 in heißen Quellen entdeckt wurde und zu den frühen Vorläufern der Foto-synthese zählte. Überrascht waren wir, einen ganz gewöhnlichen Regenwurm am Grund des Sees zu finden. Pyritkristalle hatte er im Bauch und schien sich mit dem Schwefelwas-serstoff des Sees arrangiert zu haben. Der Wurm wurde weltberühmt und erschien sogar in der sowjetischen PRAWDA.

Projektzeitraum 1981-1984 Ein Wurm, Bakterien und englisches Falschgeld Bakterien und englisches Falschgeld